7 gute Gründe das Unkraut stehen zu lassen

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14. August 2020

7 gute Gründe das Unkraut stehen zu lassen

Nach jahrelanger Arbeit mit traditionellen Gemüse Kulturen und all ihrem Pflegeaufwand, von der Vorkultur über die Düngung, zur Krankheits –  und Schädlingsbekämpfung, das Einhalten des Saatkalenders und der ganzen Pflege – haben wir uns stattdessen entschieden, die Unkräuter stehen zu lassen, ja ihnen sogar mehr Platz zu gewähren.

Sind wir durchgedreht? Es folgen 7 Argumente dafür, dass wir noch nicht ganz durchgedreht sind. 

Die die Reihenfolge der Gründe bestimmt hier nicht deren Wichtigkeit.

1. Unkräuter sind Schwachzehrer. Sie wachsen in beinahe jedem Boden, ohne jegliche Düngergaben

Gemüse braucht Dünger. In rauen Mengen. Und wenn man nicht gerade den halben Garten mit Kompostsilos belagern will, reicht dieser ideale Nährstoff Lieferant selten aus. Jede andere, noch so natürliche Dünger Form ist – in den Mengen wie wir sie bräuchten –  schlicht doch nicht so natürlich. Probleme wie Wurzelverbrennungen, Grundwasserbelastungen usw., sind bekannte Auswirkungen. Ganz abgesehen davon.

Was passiert eigentlich im Boden?
Er kann sich nie ausruhen. Obwohl die sogenannten “Hauptnährstoffe” durch Düngergaben jedes Jahr wieder aufgefüllt werden, werden die Spurenelement- Reserven langsam aber sicher aufgebraucht..
Der natürliche Zyklus wird behindert. Was kann man tun?

Die Grundidee des Düngens ist: Wenn man der Pflanze etwas wegnimmst, muss man ihr auch etwas zurückgeben. Idealerweise aber nicht punktuelle, überdosierte “Not-Vorräte”, sondern die sanfte, stetige und organische Menge, welche für die richtige Balance sorgt. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung wäre schon getan, wenn wir nicht diesen Putzfimmel auf dem Gemüsebeet hätten. Alles was nicht produziert, oder abgestorben ist, wird abgeräumt – und mit all dem organischen Material, leider dann auch die natürlichste Art von Düngung, nämlich abgestorbenes Pflanzenmaterial.

Nun, selbstverständlich brauchen auch Unkräuter Nährstoffe. Eine grosser Teil der Unkräuter sind aber Pionier Pflanzen. Das heisst, sie siedeln an, wo vorher nichts gewachsen ist und ermöglichen durch ihre Präsenz überhaupt erst das Gedeihen anderer Pflanzen. Diese Kategorie kann “düngertechnisch” als Selbstversorger angesehen werden. Andere Unkräuter nehmen gerne etwas Dünger entgegen. Diesen Vertretern würde ein Szenario von dem jährlichen Kompost und einem nicht so sterilen Gemüsebeet aber vollends ausreichen.

Verglichen jedoch mit dem traditionellen Gemüse – wo es einige Starkzehrer gibt, bleiben Unkräuter bescheidene Schwachzehrer. Dünger ist natürlich willkommen, aber kein Muss. Jeder andere Dünger – natürlich und doch nicht so natürlich – würde entfällt. Wir brauchen somit entscheidend weniger Dünger, was nicht nur das Portemonnaie entlastet.

2. Pflegeaufwand stark reduziert

Zeit ist Geld, und obwohl dieser Vergleich eigentlich keinen Sinn ergibt, verstehen wir es nur zu gut. Wer ein Gemüse Garten hat, weiss, dass nicht nur die Pflege Zeit braucht, aber auch die Planung. Planung? Ja, Fruchtwechsel. Gute Nachbarn / schlechte Nachbarn. Geplante Gemüsesorten in Beete aufteilen. Welche Samen sind zu organisieren. Welche sind bereits zu alt. Wann, was aussähen. Welcher Dünger und habe ich noch genug davon? usw.

Hinzu kommt alles in die Praxis umzusetzen und das Ganze noch zu pflegen. Also kurz, beinahe ein Full-time job. Und obwohl wir es gerne tun, wären wir auch nicht böse, wenn wir nicht jeden Feierabend noch in den Garten müssten, um zumindest marginal alles in Ordnung zu halten.

Noch gar nicht berücksichtigt hier sind die Obstbäume, der Rasen, die Stauden Rabatte, die Kübelpflanzen, die Hecke und der Teich vielleicht?
Streichen wir das ‘beinahe’ beim Full-time job besser.

Wäre es nicht utopisch zu denken, dass all dieses Grün auch komplett ohne die ganze Pflege hier wachsen würde? Nicht das Gleiche, sicher, aber eines, dass um Geschmack und Nährstoffe in keiner Weise dem populären Gemüse nachsteht. Die gute Nachricht ist, es war noch nie eine Utopie. Geben wir dem Unkraut eine Chance…und sparen dabei erst noch Zeit.

3. Unkraut wächst selber. Samen einkaufen ist nicht zwingend nötig

Wir haben eine Fülle von Unkräutern, welche sich ganz von alleine ausbreiten. Allen voran – bei uns zumindest, der Löwenzahn. Und obwohl er unaufhaltsam wächst, ohne jegliche Einladung, werden in grösseren Gärtnereien Samen davon angeboten.
Was sagt das über unser Verhalten als Menschen aus?

Meiner Meinung nach nur etwas: Wir glauben dem Experten, der Autorität. Alles was von oben kommt wird geschluckt. Das wäre grundsätzlich auch nichts Schlechtes, wenn wir davon ausgehen könnten, dass es die da oben gut meinten mit uns. Es geht soweit, dass wir den Beweis Schwarz auf Weiss, oder in diesem Fall im Garten stehen haben, aber wir fühlen uns doch gezwungen, das Eine zu verschmähen und das Empfohlene zu konsumieren. Das sieht man in jedem Aspekt des Lebens. Hier besagt es, dass wir geführt werden wollen wie ein Herdentier, vielleicht ein Schaf, aber ich sollte beim Thema bleiben. 

Egal was man uns eingetrichtert hat, vielleicht, dass Spinat viel Eisen hat und Broccoli und all die traditionellen Gemüse so gesund sind; wir kaufen die Samen, wir kaufen das Gemüse, und machen Monokulturen. Selbst im kleinen Rahmen – es muss ja alles praktisch sein. Wir düngen als gäbe es kein Morgen mehr und stellen kurzer Zeit fest, dass alles voller Schädlinge ist nach kurzer Zeit….

Was wäre, wenn all das gesunde Grün auch spontan wachsen würde? Ohne ausgesät zu werden, ohne Monokulturen – welche der ungehinderten Schädlingsausbreitung den besten Nährboden geben…

Und vor allem: ohne Indoktrination die besagt was gesund ist und was giftig ist.
Wieder ist uns etwas erspart geblieben.

4. Unkräuter sind dem Klima angepasst. Sie wachsen auch wenn nichts anderes wächst

Wir können das Gemüsebeet übers Jahr so gut planen wie wir möchten, selbst mit Frühbeet und Gewächshaus. Solange wir nicht in einer tropischen Region leben, werden wir nicht durchs Jahr hindurch Gemüse ernten können. Hier ist März so ziemlich der Startschuss. Wir beginnen mit Frühsalat und allem, was der noch drohenden Kälte gewachsen ist. Und die Liste ist nicht sehr lange. Nun bereiten wir das Beet vor. Jäten, hacken, lockern und schliesslich aussähen. Aber, es ist schon grün auf dem Beet. Unkraut natürlich. Wir jäten einen vollen Kübel Vogelmiere. Nur, anstatt dass wir sie zu einem feinen Gericht verarbeiten, landet sie auf dem Kompost. 

Jetzt, nachdem das Wildgemüse erfolgreich entfernt wurde, sähen wir traditionelles Gemüse aus und warten ein paar Wochen, vielleicht Monate und DANN erst ernten wir. Diese Strategie würde in keinem kompetitiven Business Sinn machen. Man würde sogar als verrückt angeschaut werden. Nur beim Gemüsegarten, da ist das Gegenteil der Fall. 

Einmal abgesehen von Zeitverlust, Wartefristen, Vitamingehalt und Mehraufwand; wer schon einmal einen Salat, angereichert mit Unkräutern, probiert hat, weiss, dass ein klassischer Salatteller im Vergleich eigentlich ein eher wässeriger Geschmack hat.

Viele Unkräuter wachsen ab 3° Celsius und keimen oft schon unter dem Schnee. Dennoch, das ganze Jahr wird man auch Unkräuter nicht ernten können. Aber wir kommen der Sache schon näher würde ich sagen.  Weniger warten, früher ernten. Here’s to weeds! 

5. Unkraut hat selten Schädlinge dran, da Monokulturen fast unmöglich sind

Monokulturen haben wir oben schon kurz angesprochen. Sie sind der eigentliche Feind. Die ganzen unpraktischen Umstände, die Mischkulturen verursachen, in so ziemlich jedem Schritt, von Feld bis Supermarkt, musste man verhindern – auf Kosten von Vitamingehalt des Gemüses und der Umwelt im Allgemeinen.
Profitmässig macht es natürlich Sinn. 

Da wir aber hier von spontan wachsendem Unkraut reden, sind Monokulturen eher ausgeschlossen. Wir haben daher die volle Ladung an positiven Nebeneffekten, welche die Mischkulturen mit sich bringen. Weniger Schädlinge. Weniger einseitige Bodenauslastung und den positiven Effekt, den Pflanzengesellschaften bringen. 

Eine Pflanze hilft der Anderen sozusagen. Das bringt Balance ins Mikro-Ökosystem, was gleichzeitig gesündere und vitaminreichere Pflanzen erbringt, welche sich auch besser gegen Krankheiten und Schädlinge schützen können. Mehr Ernte. Weniger Aufwand. Der Kreis schliesst sich. Was gesundes Lebensmittel in uns Menschen dann alles auswirken kann, ist ein komplett anderes Thema, das den Rahmen hier sprengt. Aber die Kreise sind weit und sie würden sich alle schliessen, in perfekter Harmonie, wenn da nicht der Profit im Weg stehen würde…

Und ich rede hier nicht nur über die grossen bösen Industrien, sondern auch über die kleinen bösen Endverbraucher, die einfach nicht mehr bezahlen wollen und mit jeder Kaufentscheidung, jeden Tag, den grossen Bösen zeigen, was und genau wie sie es produzieren sollten. Auch hier schliesst sich der Kreis in perfekter Weise. Natürlich sind auch Marketing und Propaganda mitschuldig.

Zum Glück gibt es da noch das Unkraut, welches auf dem Boden geblieben ist.  

6. Unkräuter sind um ein Vielfaches gesünder als traditionelles Gemüse.
Say what!?

Ja. Wir möchten alle gesund sein. Selbst hier haben die Unkräuter die Nase ganz vorne. Wenn man Nährstoff Tabellen vergleicht, zwischen traditionellem Gemüse und Unkräutern, nimmt die Schere fast schon apokalyptische Maßstäbe an. Und der Grund dafür ist nicht nur, dass der ganze Prozess des Handels und der Vermarktung der Gemüse, die Ausbeutung und chronische Vergiftung des Bodens, dazu führte, dass das Gemüse an Vitaminen Einbussen musste. In den 80er Jahren zum Beispiel war der allgemeine Gehalt noch extrem hoch. 

Nein, es ist auch der simple Faktor, dass so viele Unkräuter eigentlich lediglich die Ursprüngliche Gemüse Art sind, welche dann durch die “Markt-Ansprüche” so verändert und manipuliert wurde, dass alle vermeintlich schlechten Aspekte wie Stacheln, kleine Blätter und Bitterstoffe, weggezüchtet wurden und alles vermeintlich gute wie Grösse und Form und Farbe, heran gezüchtet wurden – ohne den Gesundheitsaspekt in Erwägung zu ziehen. Das ist nicht nur ein Problem für den Verbraucher persönlich, sondern, die ganzen Konsequenzen mit einbezogen, zieht es grosse Kreise…Das war aber nie das Thema. Es geht nur um zwei Sachen:
Wird es gekauft und was ist die kostenfreundlichste Methode vom Samen zum Supermarkt.

Dank den wilden Verwandten – ich sollte an dieser Stelle erwähnen, dass natürlich nicht alle Unkräuter überzüchtete cousins im Supermarkt haben –  die immer noch unermüdlich erscheinen in unseren Gärten, können wir aber auch aus diesem Teufelskreis ausbrechen. Wir sparen damit nicht nur Zeit, Geld, Arbeit, sondern erhalten gesundes Grün und helfen ein wenig mit im Kampf, die riesige Maschinerie des Konsums jeden Tag ein klein wenig irrelevanter zu machen..ok, ein winziges klein wenig.

7. Bitter ist das neue Süss

Alles muss nicht immer süss sein. Vor allem beim Gemüse, wo man die Bezeichnung süss fast mit fade
identifizieren könnte. Warum? 

Wenn man ein klein wenig Bitterstoffe im eigenen Leben zulassen würde, dann ging es wahrscheinlich nicht sehr lange, bis man realisiert: Das schmeckt wirklich gut! Und wenn diese “Hemmschwelle” mal überschritten wurde und man den direkten Vergleich dieser beiden Universen hat, dann versteht man warum die Bezeichnung treffend ist.

Natürlich ist alles Geschmacksache, darum geht es hier gar nicht. Es geht um die grundsätzliche, kategorische Einstellung, die wir häufig gegenüber einer Sache haben, die uns fremd ist.

Und vielleicht muss man auch neue Rezepte ausprobieren, neue Zubereitungsarten kennenlernen und ganz grundsätzlich Neues ausprobieren. Und ich kann garantieren, dass es nicht kompliziert ist. Nur anders.

Fazit

Zusammenfassend könnte man soweit gehen und sagen: Unkräuter helfen der Gesundheit, der Umwelt und dem Portemonnaie. Dann ist es ziemlich verrückt, wenn man bedenkt was für Mittel eingesetzt werden zu deren Zerstörung und Eindämmung. Nur ein kleiner Gedanke über den es sich lohnt ein wenig nachzudenken…

Zu guter letzt, auch dass keine Missverständnisse entstehen:

Nein, nicht jedes Unkraut ist essbar und gesund.

Ja, auch wir produzieren noch traditionelles Gemüse und brauchen Dünger.

Es geht hier darum sich den Möglichkeiten bewusst zu werden und Schritt für Schritt das anzupassen, was Sinn macht im eigenen Fall und vor allem zu verstehen, dass man Gesundheit und Umwelt selber in die Hand nehmen muss. Tun wir es nicht, tut es niemand für uns..Und wenn, dann nicht in der Art und Weise, die erstrebenswert ist..für die Gemeinschaft.

Kochen mit Unkräuter:
Beneselvedek

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